Gibt es die „typische Vertretungsstunde?“

Und wie läuft diese ab? – Die Motivation, die hinter der Klärung dieser Frage liegt, ist klar: Du willst in Deiner Rolle als Vertretungslehrkraft vorbereitet sein und einen „Fahrplan“ haben, der am Ende (optimalerweise) in einer lehrreichen und kurzweiligen Unterrichtsstunde mündet. Planbarkeit – das gibt uns Sicherheit und Selbstvertrauen im Unterrichtsalltag, so dass dieser stressarm zu bewältigen ist… oder?

Naja, jein – schließlich ist die Planung des Unterrichts sicherlich eine Kernaufgabe einer jeder Lehrkraft, jedoch gibt es insbesondere in Vertretungssituationen immer wieder Momente, die Flexibilität und Spontanität erfordern. Im letzten Beitrag hatte ich Überlegungen zu den planbaren Faktoren einer Vertretungsstunde angestellt. Falls Du den Beitrag noch nicht gelesen hast – hier findest Du ihn. Aus den nicht planbaren Faktoren, die (Achtung, jetzt kommt die harte Wahrheit!) den großen Rest darstellen, lassen sich ein paar Erkenntnisse ableiten, von denen ich einige ohne Anspruch auf Vollständigkeit aufgelistet habe.

Erste Erkenntnis – Es gibt keine „typische“ Vertretungsstunde

Schließen wir gleich einmal den Bogen zur Eingangsfrage und beantworten diese ehrlich:

„Wie läuft eine typische Vertretungsstunde ab?“ – „Keine Ahnung.“

Dies ist natürlich überspitzt formuliert, aber der grundsätzliche Gedanke dahinter wird hoffentlich deutlich: Es gibt so viele Faktoren, die beachtet werden müssen, so viele Dynamiken die offen oder unterbewusst Einfluss auf unseren Unterricht nehmen, wodurch eine „typische“ Blaupause gar nicht entstehen kann. Jeder Unterricht ist anders – und das ist auch gut so.

Zweite Erkenntnis – Stoffvermittlung steht nicht immer im Mittelpunkt

…und sollte auch nicht! Denn: Erinnerst Du Dich an deine eigene Schulzeit und daran, wenn Vertretungsunterricht war? Oftmals war dies doch ein Moment des Durchatmens vom schulischen Alltagsstress, ein Runterkommen und eine willkommene Abwechslung. Wenn dann im Anschluss der reguläre Betrieb weiterging, war die Konzentration meist wieder da. Bitte nicht falsch verstehen: An Lernende gestellte Aufgaben sollten auch im Vertretungsunterricht bearbeitet werden, jedoch obliegt es auch Deinem pädagogischen Fingerspitzengefühl Pausen einzuräumen. Du bist keine schlechte Lehrkraft, wenn deine Schülerinnen und Schüler in dem Vertretungsunterricht auch einfach mal „durchgepustet“ haben.

Dritte Erkenntnis – „Warm-up“ hilft

Das Einbauen eines kleinen Energizers, wie z.B. „Overload“ oder „Quadrate sehen„, hilft, um Aufmerksamkeit in der Klasse zu generieren und etwaige negative Dynamiken zu brechen. Schließlich merken die Lernenden, dass Du einen Plan und Mühe in die Vorbereitung gesteckt hast. Für spontane Vertretungsstunden, die oftmals nach dem Schema „Hallo, mein Name ist Herr/Frau XY, bitte Buch Seite 34 aufschlagen“ ablaufen, keine Selbstverständlichkeit. Die Schülerinnen und Schüler werden es Dir danken.

In der Ideengalerie findest du unter dem Filter „Energizer“ weitere Ideen für einen schönen Einstieg!

Vierte Erkenntnis – Vertretungsstunde bedeutet Lehren und Lernen

Ich gehe gerne in den Vertretungsunterricht. Warum? Ich kann dort Dinge ausprobieren, zu denen ich im regulären Unterricht nicht komme. So sind viele der Ideen auf dieser Homepage von mir im Nachhinein noch einmal überarbeitet worden, weil es im Unterricht an der ein oder anderen (von mir unerwarteten) Stelle hakte. Daher meine Empfehlung: Probiere Dich aus, mach etwas anders und lerne aus deinen Fehlerchen. 😊

Fünfte Erkenntnis – sei nicht so selbstkritisch!

„Perfekter Unterricht“ (was ist das überhaupt?) ist Utopie, insbesondere bei 20+ Schülerinnen und Schüler in einer Klasse, die alle unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse haben. Diesen unrealistischen Standard auf deinen regulären Unterricht anzuwenden ist schon sportlich, im Kontext Vertretungsunterricht ist er grenzmasochistisch. Sei nicht so streng mit Dir selbst und freue Dich über die Dinge, die gut liefen.

Die Liste ließe sich sicherlich noch seitenlang fortführen, ich möchte mich hier jedoch auf diese fünf Punkte beschränken, sind sie mir persönlich doch am deutlichsten während meiner letzten Jahre in der Vertretungspraxis aufgefallen. Welche Erkenntnisse sind Dir noch gekommen? Was sollte unbedingt noch ergänzt werden? Ich freue mich über Deinen Kommentar!

Ich wünsche Dir weiterhin viel Spaß im Vertretungsunterricht!

Alex

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